AMSTERDAM − BARCELONA − COPENHAGEN − GENEVE − HAMBURG − HELSINKI − L`AQUILA − LIEGE − LONDON − LJUBLIANA − MALAGA − MARIBOR − MILANO − PALERMO − PARIS − SEVILLA − STOCKHOLM − VIENNA
EUROMAYDAY WIEN
Kontakt
euromayday.at
contact@euromayday.at

International
euromayday.org
READ
Euro−MayDay−Zeitung ´05 Wien [Download]

Euro−MayDay−Zeitung ´05 Hamburg [Download]

Euro-MayDay05 Wien: Von der Prekarität zum Prekariat?!

"MayDay basiert auf der Idee, dass Prekarität die neue Form der Arbeit unter den Bedingungen des Netzwerkkapitalismus ist. Das bedeutet, dass wir neue Formen, uns zu organisieren, erfinden müssen, die mit der Prekarität in Verbindung stehen. Weil diese eben nichts Nebensächliches ist, sondern für die heute sich verallgemeinernde Form der Arbeit steht. Und da der 1. Mai der Tag der Kämpfe, der Organisation und des Feierns der ArbeiterInnen ist, ist er auch der Tag jener Prekären, welche die Vorhut dieser neuen Form der Arbeit bilden", meint ein Aktivist auf dem Euro-MayDay 2004 in Barcelona und umreißt damit die zugrundeliegende Idee jener Paraden, die hier im letzten Jahr, in Mailand bereits seit 2001, zehntausende Menschen zwecks Erprobung neuer Kampfformen zum 1. Mai auf die Straße lockten. Getragen von AktivistInnen aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen bemüht man sich dabei um die Sichtbarmachung verschiedenster Aspekte der fortschreitenden Ent- und Verunsicherung von Arbeit und Leben, sowie um die Verkettung der Kämpfe um soziale Rechte und Sicherheiten für alle - also unabhängig vom jeweiligen Beschäftigungs- und Aufenthaltsstatus der von Prekarität Betroffenen. Die Euro-MayDay-Aktivitäten waren dabei von Anfang an internationalistisch ausgerichtet und um Vernetzungen über die eigenen Stadt- und Landesgrenzen hinaus bemüht. Bis vor kurzem noch in erster Linie auf Mailand und Barcelona konzentriert, greift das hier praktizierte Prinzip des "File- & Fight-Sharings" zwischenzeitlich auf immer weitere Teile Europas über, was im Rahmen der autonomen Räume am letztjährigen ESF in London schließlich in der Gründung eines internationalen Netzwerks zu Prekarität gipfelte. Bei den Zusammenkünften der darin involvierten AktivistInnen, wie etwa zuletzt Anfang Januar auf dem "Treffen des internationalen Prekariats" in Berlin, stehen deshalb auch mögliche Strategien für eine weitergehende Vernetzung des "antiprekaritären Aktivismus" zur Diskussion. Dies betrifft nicht zuletzt den Euro-MayDay selbst, insofern für 2005 u.a. auch in Paris, Kopenhagen, Ljublijana und Hamburg die Austragung größerer Paraden geplant ist.

Auch in Wien hat sich mittlerweile eine Gruppe von AktivistInnen zusammengefunden, um vor Ort die Vorbereitungen für einen MayDay in Angriff zu nehmen. Schließlich sei, wie ein in besagte Vorbereitungen Involvierter gegenüber MALMOE erklärte, "Prekarität auch hierzulande längst zum Normalzustand geworden." Und tatsächlich lassen sich genügend Indizien dafür aufspüren, dass in Österreich die "sozialen Subjekte" für solche neu zu erfindenden Kampf- und Organisationsformen durchaus vorhanden wären. So überschritt, um hier nun ein Beispiel zu nennen, die Zahl der in sog. "a-typischen Verhältnissen" Arbeitenden Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts die Millionengrenze. Damit sind heute bereits rund 30% der abhängig Beschäftigten in diesem Land von solchen - sowohl hinsichtlich der mangelhaften monetären Absicherung als auch bezüglich der weitestgehend fehlenden Einbindung in die sozialen Sicherungssysteme - zumindest zu Prekarisierung tendierenden Arbeitsformen betroffen. Weniger optimistisch jedoch stimmt bislang die Zahl der sich gegen Prekarisierung zur Wehr setzenden "politischen Subjekte", was wohl auch den zentralen Unterschied zwischen der hiesigen Ausgangslage für die Mobilisierung eines antiprekaritären Aktivismus zu jener in Mailand oder Barcelona markiert. Wer sich aber nicht von vornherein der Hoffnung berauben will, dass aus den Prekarisierungsprozessen der Gegenwart anstelle von ständig noch mehr Prekarität dereinst vielleicht doch auch mal ein Prekariat entstehen könnte, kommt um politisches Handeln nun einmal nicht herum. Und das alleine schon rechtfertigt den Versuch, mittels der Initiierung eines Euro-MayDay 2005 in Wien die Frage der Prekarisierung mit dem ihr gebührenden Nachdruck aufzuwerfen und jener "Vielfalt prekären Arbeitens, Lebens und Kämpfens", von der seitens der Vorbereitungsgruppe die Rede ist, zumindest eine Möglichkeit zur Artikulation einzuräumen.

Anmerkung:
Das einleitende Zitat ist dem DVD-Zine "P2P Fightsharing III" zum Thema "Precarity" entnommen, das in Vorbereitung auf den MayDay in den nächsten Monaten an verschiedenen Orten in Österreich zu sehen sein wird.

Erschienen in:
MALMOE
malmoe.org